Liebe Magdeburger,

die Diskussion um das jüngste Kunstwerk in der Stadt Magdeburg hat unsere Absicht unterstützt, die Plastik zum Halbkugelversuch über die Region hinaus bekannt zu machen. Eine solche Resonanz würde sich mancher Künstler wünschen, dessen Werk vielleicht nur mit einem wohlgefälligen Nicken oder aber einem ratlosen Schulterzucken kurz wahrgenommen und sogleich wieder vergessen wird. Das hat auch Prof. Thomas Virnich betont, der die Leserbriefe in der Volksstimme aufmerksam verfolgt hat.
Als Initiator der umstrittenen Plastik des Magdeburger Halbkugelversuchs möchte ich noch einmal beschreiben, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Die Idee habe ich bereits seit Jahren verfolgt. Zum einen faszinierte mich als Wissenschaftler schon immer, wie Otto von Guericke einen schwierig zu erklärenden wissenschaftlich-technischen Sachverhalt - das Vakuum - für jedermann verständlich gemacht hat. Mir ging es aber auch darum, mit der Erinnerung an dieses Experiment, das in vielen Physikbüchern der Welt steht, auch Guerickes Wirkungsstätte Magdeburg weltweit bekannt zu machen. Unser Unternehmen ÖHM1 hat deshalb übrigens schon vor Jahren ein kleines Modell des Halbkugelversuchs aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, das wir bis heute vermarkten und zum Beispiel unseren Geschäftspartnern in der ganzen Welt überreichen.
Guerickes 400. Geburtstag in diesem Jahr war nun der Anlass, die Idee der Halbkugel-Plastik zu verwirklichen. Vor zwei Jahren baten wir die Stadt, ihr ein solches Kunstwerk als private Initiative der einheimischen Wirtschaft verehren zu dürfen. Die Otto-von-Guericke-Gesellschaft, das Kulturamt und die Lenkungsgruppe zum Otto-von-Guericke-Jahr haben unseren Vorschlag unterstützt und bis zur Umsetzung begleitet. Die lange Sponsorenliste, auf der auch Spenden vieler Privatpersonen eingetragen sind, zeigt im übrigen, dass die Plastik nicht die Entscheidung "einer Handvoll Geldleute" ist, wie die Leserin Frau Rulff behauptet hat. Sondern da haben sich Leute mit Herz für ihre Heimatstadt Magdeburg beteiligt. In einer Ausschreibung wurden im März 2001 sechs Künstler aus Deutschland gebeten, Modelle für ein Kunstwerk einzureichen. Was nun folgte, war der übliche vorgeschriebene Prozess für solche Künstlerwettbewerbe. Eine Jury, in der neben Vertretern von Stadt und Universität zum Beispiel auch Künstler und Kunstwissenschaftler saßen, sichtete die eingereichten Entwürfe und vergab den Zuschlag - übrigens nach einer sehr langen Diskussion, bei der sich niemand die Entscheidung leicht machte. Eine Bevorzugung eines hiesigen Künstlers, wie die Leserin Frau Zemba gewünscht hätte, hätte allerdings den Wettbewerbsregeln eindeutig widersprochen.
Generell ist eine Mitsprache der Bevölkerung bei Künstlerwettbewerben nicht vorgesehen. Trotzdem hatten wir vor dem Juryentscheid alle Modelle über mehrere Wochen in unserem Unternehmen ausgestellt, damit sich die Öffentlichkeit eine Meinung machen kann. Die Volksstimme griff die Diskussion durch eine eigene Umfrage auf. Das war ganz in unserem Sinne, die Magdeburger überhaupt erst einmal mit unseren Plänen bekannt zu machen. Obwohl wir gleichzeitig von Anfang an auch öffentlich immer wieder betont haben, dass die Jury ihr Fachurteil unabhängig von Umfragen und Abstimmungen abgeben wird, wollten einige Jury-Mitglieder für ihre persönliche Entscheidung die Meinungen der Magdeburger kennenlernen. Das hat möglicherweise dazu beigetragen, dass immerhin das in der Gunst der Magdeburger zweitplazierte Modell den Zuschlag bekam. Spitzenreiter bei der Umfrage war übrigens ein Stahlrohrentwurf im Industriedesign, obwohl in der jetzigen Diskussion der Eindruck entsteht, die Magdeburger hätten ein originalgetreues Denkmal zum Halbkugelversuch gewollt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass mein auch von der Jury getragener Anspruch von Anfang an viel weiter ging. Ich zitiere aus meinem Brief, den die Künstler mit der Ausschreibung erhielten: "Wir wollen zeigen, dass Magdeburg traditionell ein guter Standort für Wissenschaft, Technik und Innovation ist, und dass die Stadt darauf auch in Zukunft setzt."
Das heißt, die Plastik sollte mehr als ein bloßes Denkmal sein. Das Stichwort ist "Innovation". Und diese Botschaft hat Prof. Virnich originell, wenn eben auch für viele unerwartet, mit der "anderen Seite" umgesetzt. Er hat aufgezeigt, wieviel Mühe in einem solchen Experiment steckt, wie schwierig es ist, etwas Neues umzusetzen und wie überraschend mitunter das Ergebnis. Und nun ist seiner Plastik dasselbe passiert wie Guericke mit seinen Entdeckungen: Neues ruft manchmal erst Widerstand hervor.
Durch die Diskussion in den vergangenen Wochen weiß wohl inzwischen jeder Magdeburger über den Halbkugelversuch Bescheid und kann unkundigen Besuchern unserer Stadt Auskunft geben. Ob die Plastik zusätzlich einen erklärenden Hinweis erhalten soll, wie Familie Gliwa aus Staßfurt vorgeschlagen hat, muss die Stadt als Eigentümer entscheiden. Telefonhäuschen und Uhr am Ratswaageplatz, die in der Tat das Gesamtbild stören, werden übrigens im Herbst im Zuge der Neugestaltung des kompletten Areals verschwinden. Das war von Anfang an geplant, zur Vermeidung zusätzlicher Kosten aber nicht eher machbar

Dr. Peter Transfeld, 39 114 Magdeburg